Zinswende: Wird jetzt alles anders?

Eine Million Euro.

Günther Jauch lässt bei dem Betrag Konfetti fliegen.

In den 90ern hätte ich mich damit zur Ruhe gesetzt. Denn 9% Rendite brachten damals deutsche Staatsanleihen.

Macht 90.000 EUR Jahreseinkommen für den Millionär.

Darauf nen Gin Tonic.

Und heute?

Mit einer Million Euro bekommen Sie bei der Bank – mit viel Glück – gar nichts.

Mit etwas Pech drücken Sie 5.000 Euro ab.

Verwahrentgelt nennt sich das. Klingt jedenfalls besser als Negativzins.

Klar, wer clever ist, der investiert sein Geld nicht in Tagesgeld.

Nur wohin mit der Kohle, ist die Frage?

Immobilien?

Die Idee hatten schon andere. In den letzten zehn Jahren haben sich die Immobilienpreise in Düsseldorf verdoppelt.

Wow.

Man reibt sich verwundert die Augen, was man in der Landeshauptstadt für ein Apartment in guter Lage ausgeben soll.

Ein Reihenhäuschen unter einer Million Euro ist sowieso nicht mehr zu finden.

Sachwerte sind teuer geworden

Auch die übrigen sogenannten „Sachwerte“ gingen in den letzten Jahren durch die Decke.

Egal ob Aktien, Gold oder Kryptowährungen. Wer sein Geld investierte, bekam hier ordentliche bis fantastische Renditen.

Wir haben uns daran gewöhnt.

Unsere Mandanten, die jetzt mit Anfang 30 in die Selbständigkeit starten, kennen das auch gar nicht mehr anders.

Seit sie Geld verdienen, explodieren Sachwerte und Zinsen sind billig.

Es war einmal anders

Dabei war es einmal anders. Und das ist gar nicht so lange her.

Die Immobilienpreise in Deutschland hatten sich beispielsweise in den Jahren 2000 – 2010 nahezu gar nicht verändert.

Die Preise sanken in diesem Zeitraum sogar um – 0,5%.

Grund des „Übels“

Was die Sachwerte weltweit nach oben katapultierte, war das historisch billige Geld.

Und davon gab es nicht wenig.

Am Anfang waren die Krisen

Erst die Finanzkrise 2008, dann die Eurokrise.

Die Wirtschaft brauchte Unterstützung. Und diese Unterstützung kam von den Zentralbanken.

„Whatever it takes“ war die Devise.

Die Notenpressen wurden angeworfen

Sagt man übrigens nur so.

Tatsächlich wird die Geldmenge über den Ankauf oder die Ausgabe von Staatsanleihen reguliert.

Kauft die Zentralbank Staatslanleihen auf, pumpt sie Geld in Markt. Fährt sie die Anleihenkäufe zurück, wird das Geld wieder eingesammelt.

Der Leitzins wurde „atomisiert“

Liehen sich die Banken in 2007 gegenseitig noch Geld für rund 4% Zinsen, fiel dieses Niveau bis heute auf quasi Null.

Was ist das Problem?

Na ja, die Entwicklung war für viele bisher gar kein Problem.

Zumindest für die meisten (verschuldeten) Unternehmer. Lustig konnte man sich bis unter die Hutkrempe mit billigem Geld versorgen.

Wer gleichzeitig clever investierte, machte ordentlich Gewinn.

Aber im letzten Jahr haben wir nun etwas zu spüren bekommen, was man bisher nur von der Elterngeneration aus Erzählungen kannte:

Die Inflation ist zurück

Eine Pandemie und ein besoffener Kapitän im Suez-Kanal haben gereicht, um weltweit die Lieferketten ins Straucheln zu bringen.

Es fehlt an Baumaterialien, Mikrochips, Energieträgern und was weiß ich.

Große Nachfrage bei sinkendem Angebot. Ist nicht wirklich toll.

Satte 5% Inflationsrate in Deutschland, noch sattere 7% Inflationsrate in den USA.

Dies kombiniert mit Negativzinsen auf unseren Bankkonten.

Die Preußen mussten 1794 die Enteignung noch kompliziert gesetzlich regeln.

Denen hätten man mal sagen können, dass das viel einfacher geht.

Ist aber gar nicht so schlimm mit der Enteignung. Also sagt zumindest die EZB.

Denn die Inflation geht ja wieder weg. Sobald die Lieferketten wieder laufen …

So ganz sicher ist man sich aber wohl hier doch nicht.

Zumindest die Anleihenkäufe werden schon mal zurück gefahren und die Geldmenge reduziert.

An den Leitzins – Stichwort: Zinswende – hingegen will man nicht so richtig ran. Denn dann poppt ein ganz vergessenes Problem wieder auf:

Kommt die Eurokrise zurück?

Von dieser hat man schon länger nichts gehört.

Liegt vielleicht daran, dass dieser drollige griechische Finanzminister Varoufakis zurück getreten ist. Der hatte eine Zeit lang für ordentlich Stimmung in der Eurozone gesorgt.

Oder sind die Schulden in Griechenland, Spanien, Irland, Portugal und Italien alle inzwischen getilgt?

Leider nein, aber die niedrigen Zinsen haben die Eurozone über Wasser gehalten.

Man konnte erstmal durchatmen.

Würde jetzt am Leitzins gedreht, wäre es vorbei mit der Durchatmerei.

Kann die EZB die Zinsen dauerhaft niedrig halten?

Die Situation in der Eurozone würde ja dafür sprechen, dass die EZB den Leitzins bis zum St. Nimmerleinstag bei 0% lässt.

Leider funktioniert die Welt nicht so einfach. Denn eine hohe Inflationsrate ist tückisch.

Folgen auf die Inflationsraten entsprechende Gehaltssteigerungen der Arbeitnehmer, steigen danach mit Sicherheit die Preise der entsprechenden Produkte der jeweiligen Firmen.

Das führt zu einer Preisspirale, sprich: noch mehr Inflation und noch höhere Gehälter.

Zinswende – die USA werden nervös

Die USA haben mit noch höheren Inflationsraten zu kämpfen. Und nun werden tatsächlich Zinserhöhungen angekündigt.

Um einen Prozentpunkt soll es in 2022 nach oben gehen.

Das ist bei einer Inflationsrate von 7% zwar immer noch so als würde man mit einem Messer zur Schießerei gehen, aber schon 1% können ordentlich Stimmung in die Finanzmärkte bringen.

Bereits 2017- 2018 hatten die USA den Leitzins nach oben gedreht. Die Folge war ein großer Abschwung der Märkte in 2019.

Und zwar so heftig, dass man diese Aktion schnell wieder zurück drehte.

Was nach der in diesem Jahr geplanten leichten Zinswende passiert, muss man abwarten.

Warren Buffet, das große Aktien-Orakel aus Omaha ist jedenfalls derzeit sehr vorsichtig mit Investitionen und hält viel Cash, trotz Inflation.

Die EZB dürfte bei einem Zinsanstieg der FED nervös werden

Die EZB hat jedoch trotz vieler Gründe für einen niedrigen Leitzins das Problem, dass steigende Zinsen in den USA zu einer Stärkung des Dollars und einer Abwertung des Euros führen dürfte.

Das ist auch nicht so ganz lustig.

Denn der Dollar ist immer noch die Standardwährung auf dem Rohstoffmarkt. Insbesondere für Rohöl.

Und davon brauchen wir in der Eurozone eine Menge.

Sollte die EZB die Zinswende einleiten, könnte das  in der Folge auch bei uns erhebliche Auswirkungen auf Aktienmärkte und Immobilienpreise haben.

Kommen wir zur Gretchenfrage:

Was machen wir jetzt mit unserem Geld?

Diese Frage habe ich zuletzt mit mehreren Mandanten diskutiert.

Die Antwort ist: Ich bin bei dieser Frage so hilflos wie nie zuvor in meinem Leben.

Ich bleibe in den Aktienmärkten investiert, wie ich es bereits bin und warte ansonsten tatsächlich ab.

Alles ist möglich in 2022 und ich vermag keine Prognose abzugeben.

Ich baue mir in jedem Fall eine Photovoltaikanlage aufs Eigenheim und kaufe mir vielleicht einen alten Ford Mustang.

Dafür brauche ich erstmal eine Garage in Köln. Kostet sicher auch ne Million.

Daher erstmal bei Günther Jauch bewerben …

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Comments on this entry are closed.

  • Meik Pankonin Jan 24, 2022 @ 14:36

    Viel Glück bei Herrn Jauch! 😉
    Sagen Sie bitte rechtzeitig Bescheid wenn Sie auf Sendung sind!!!

    • Jens Hellmann Jan 24, 2022 @ 16:36

      🙂

  • F.Burchhardt Jan 24, 2022 @ 15:47

    Endlich mal komplizierte Wirtschaftszusammenhänge verständlich dargestellt,
    dabei witzig und mit Bonmot. Chapeaux.

    • Jens Hellmann Jan 24, 2022 @ 16:36

      Ganz lieben Dank für das nette Lob!