Finanzbeamte: Vampire mit Sozialneid oder freundliche Helfer?

Was haben Sie eigentlich für ein Bild vom Finanzamt?

Lassen Sie mich raten?

Sie glauben, dass dort kleine ungeliebte Menschen arbeiten. In Ihrer Vorstellung sieht der typische Finanzbeamte aus wie – die leider verstorbenen – deutschen Komiker Heinz Erhardt oder Helga Feddersen.

Bestenfalls.

Was machen diese Finanzbeamten in Ihrer Vorstellung?

Wenn der Beamte sich nicht gerade in der der ausgiebigen Frühstücks- , Mittags- oder Teepause befindet, freut er sich diebisch über Fehler in Ihrer Steuererklärung oder Buchführung. Vermutlich ist es ihm eine pure Lust, den Steuerbürger mit sinnfreien Anfragen und Beanstandungen zu quälen!

Und, liege ich mit meiner Vermutung richtig?

Hand aufs Herz, bevor ich mich beruflich mit Steuern befasste, hatte ich eine ähnliche Vorstellung.

Ich war Finanzbeamter

Nun habe ich meine Steuerkarriere vor über zwanzig Jahren im Finanzamt begonnen. In meiner Abiturklasse kursierte folgender Witz:

„Der Unterschied zwischen einem Finanzbeamten und einem Terroristen ist, dass der Terrorist Sympathisanten hat.“

Jaja, das ist eben das schlechte Image des Finanzamts.

Wie ist es wirklich im Finanzamt?

In diesem Beitrag möchte ich Ihnen erklären, wie der Lieblingsfeind vieler deutscher Unternehmer wirklich funktioniert. Und wie Sie am meisten im Umgang mit dem Finanzamt für sich erreichen.

Im Finanzamt gibt es viele verschiedene Abteilungen.

Zum Beispiel, der Veranlagungsbezirk, die Erhebungsstelle, die Betriebsprüfungstelle, die Umsatzsteuer- oder Lohnsteuersonderprüfung, die Rechtsbehelfstelle, die Bewertungstelle, die Steuerfahnungstelle, und noch viele mehr.

Hunderte von Beamten arbeiten in jedem Finanzamt. Nur mit wenigen Abteilungen des Finanzamts bekommen Sie persönlich zu tun.

Wie wird im Finanzamt ausgebildet?

Die Ausbildung im Finanzamt ist fantastisch. Im so genannten „gehobenen Dienst“ der Finanzverwaltung studiert man das Steuerrecht an den nicht öffentlichen Fachhochschulen der jeweiligen Länder.

Die Professoren sind meist parallel noch an privaten Fortbildungsakademien tätig, zum Beispiel um angehende Steuerberater auf das Steuerberaterexamen vorzubereiten.

Die Studenten werden irgendwo im Nirgendwo einkaserniert und lernen auf sehr hohem Niveau das Steuerrecht von morgens bis abends.

Nach diesem Studium sind die jungen Finanzbeamten dann fachlich auf Steuerberaterniveau ausgebildet. Man muss diese jungen Menschen – wenn man wie ich nun auf der Gegenseite arbeitet – fachlich wirklich ernst nehmen.

Nach dem Studium geht es dann in das Finanzamt.

Ihr Sachbearbeiter = Ihr Veranlagungsbezirk

Nach der Ausbildung landen die meisten jungen Beamten dann in so genannten „Veranlagungsbezirken“.

Was ist das denn?

Veranlagungsbezirke sind die Stellen, in denen die eingehenden Steuererklärungen bearbeitet werden.

Und ganz ehrlich: Das ist ein Knochenjob.

Wir betreuen in unserer Kanzlei mit 45 Mitarbeitern circa 400 Unternehmer. Ein einziger Finanzbeamter hingegen ist meist für mehr als 1.000 Unternehmer zuständig.

Alleine.

Er muss Steuererklärungen bearbeiten, prüfen, mit Steuerberatern telefonieren, Bescheinigungen ausstellen, Einsprüche bearbeiten, Vorauszahlungen berechnen und vieles mehr.

Masse statt Klasse

Ganz offen, das ging schon zu meiner Zeit nicht mit Frühstückspause und ausgedehnter Mittagspause. Die Arbeit schaffte man nur, wenn man zwischendurch den Hörer neben das Telefon legte und nach dem „Wird-schon-stimmen-Prinzip“ eine Steuererklärung nach der anderen in den PC knallte.

Bei seinem Vorgesetzten fiel man am besten nicht mit irgendwelchen Rückständen auf. Auf die richtige Besteuerung kam es den meisten Kollegen – mangels Zeit – nicht an.

Geärgert hat man sich auch selten über die Steuerzahler. Schlimmer war es, wenn der eigene PC einem signalisierte, dass man für den gerade angefangenen Steuerfall nicht alleine zuständig war.

Wenn Ihr Finanzbeamter nicht alleine entscheiden darf

Denn gewisse Steuererklärungen werden nach verschiedenen Prüfungskriterien von der EDV des Finanzamts ausgesucht.

Diese müssen dann von dem Vorgesetzten oder einer eigens eingerichteten „Qualitätssicherungsstelle“ mit geprüft werden.

Und dort sitzen also Beamte, die etwas mehr Zeit haben und lange Listen aufstellen, wo in der jeweiligen Steuererklärung noch einmal nachgehakt werden soll.

Prüfkriterien

Die Finanzämter stellen regelmäßig so genannte Prüffelder auf. Findet sich so ein Prüffeld in Ihrer Steuererklärung, kann Ihr eigentlich zuständiger Finanzbeamter also nichts mehr alleine entscheiden.

Prüffelder können beispielsweise besonders hohe Gewinne aus der beruflichen Tätigkeit sein. Oder wenn Sie sich ein neues Mietobjekt angeschafft haben. Oder wenn Sie aus beruflichen Gründen eine zweite Wohnung am Arbeitsort angemietet haben.

Oder oder oder. Die Prüffelder werden jedes Jahr neu bestimmt.

Auch wenn man als junger Beamter in verschiedenen Punkten anderer Meinung ist als sein Sachgebietsleiter oder die Nachfragen der Qualitätssicherungsstelle lächerlich findet, hat man Pech.

Man muss los legen und den Steuerbürger oder dessen Steuerberater anschreiben und diese Punkte klären. Dies sind dann oft die Fälle in denen Sie als Steuerbürger dann folgenden Eindruck bekommen:

„Jetzt wollen die mich aber ärgern.“

Beschwerde zwecklos

Wenn man als Steuerzahler seiner Wut dann Luft macht und dem Finanzbeamten so laut in den Hörer brüllt, dass diesem die Kontaktlinsen heraus springen, trifft man nicht nur den Falschen, man erreicht auch nichts.

Die arme Wurst im Veranlagungsbezirk nimmt dann die Beschwerde auf und gibt das weiter an die Kollegen, die ihm diese Beschwerde eingebrockt haben. Das macht es dann aber meist eben nicht besser.

Als Steuerbürger hat man dann eigentlich nur erreicht, dass der Veranlagungsbeamte einen jetzt auch noch für einen Idioten hält.

Dann kann es wirklich passieren, dass er oder sie sich im nächsten Jahr aus freien Stücken ein bisschen Zeit für Ihre Steuererklärung aufspart …

Wie es besser geht

Auch wenn man eine Nachfrage des Finanzamts für völlig übertrieben hält, sollte man sich freundlich zu seinem Sachbearbeiter verbinden lassen und zunächst einmal Verständnis zeigen.

Man hat mit Menschen zu tun.

Diese sind häufig sogar richtig nett und freuen sich am meisten darüber, wenn die Arbeit fluppt und schnell wieder vom Schreibtisch verschwindet.

Fragen Sie den Finanzbeamten persönlich bei komplizierten Anfragen, wie man die Anforderungen vielleicht – in beiderseitigem Interesse – einfach erfüllen kann.

Sie wollen ihm ja nicht viel Arbeit machen und Sie selbst wären zur Zeit eben auch mächtig im Stress. Ihre Kinder haben gerade Grippe und im Job stehen Überstunden an.

Ihm geht es doch vermutlich nicht anders?

Hin und wieder lässt der Finanzbeamte dann durchklingen, dass er auf sein eigenes Schreiben eigentlich keine Lust hatte und dass es auch nicht seine Idee war. Dann wird er aber ebenfalls signalisieren, dass er über Ihren Kompromissvorschlag nicht selbst entscheiden darf.

Am meisten hilft es dem Beamten, wenn er einen gut begründeten und freundlichen Kompromissvorschlag schriftlich erhält, den er einfach an seine Vorgesetzten weiter leiten kann.

Die Betriebs- oder Außenprüfer

Insbesondere wenn Sie selbständig sind, bekommen Sie irgendwann – angemeldeten – Besuch vom Finanzamt durch die Betriebsprüfung oder eine der Sonderprüfungsstellen.

Die Motive der Prüfer sind etwas andere als die der Veranlagungsbeamten. Ein Betriebsprüfer musste zu meiner Zeit etwa 20 – 25 Fälle pro Jahr prüfen.

Ganz offen, das war aus meiner Sicht nicht so wirklich schwierig. Eine Woche lang schaut man sich die Akten an, eine Woche prüft man dann den Betrieb.

Das ist reichlich Zeit.

Genug Zeit, um so ziemlich jeden Fehler in der Buchhaltung aufzuspüren. Der Prüfer wird zwar primär an seiner Fallzahl gemessen, aber auch das Mehr an Steuern, das er für Vater Staat verdient, spielt für seine Statistiken eine Rolle.

Die Burschen wollen also wirklich an Ihr Geld.

Für den Umgang mit dem Betriebsprüfer gelten dennoch die gleichen Benimmregeln wie für den Veranlagungsbeamten.

Insbesondere wenn der Prüfer sich tagelang in ihrer Firma aufhält, gilt:

Schwätzchen erlaubt, Essen nicht.

Seien Sie freundlich. Kaffee oder Tee wird meist gerne gesehen. Zum Essen einladen sollten Sie den Prüfer aber nicht. Er darf es schlicht nicht annehmen.

Schaffen Sie möglichst ein gutes Klima. Erkundigen Sie sich nach seiner Arbeit oder seiner letzten Urlaubsreise. Es schadet sicherlich nicht, den Finanzbeamten eine Zeit lang von seiner Arbeit abzuhalten.

Aber: Erzählen Sie möglichst nichts über Ihren Betrieb.

Denn gerade im Rahmen von solchen Schwätzchen finden sich oft Anhaltspunkte für Mehrsteuern, von denen Ihr Steuerberater vielleicht gar nichts wusste.

Ich habe jahrelang als Betriebsprüfer gearbeitet. Und am ehesten habe ich die Augen zugedrückt wenn Steuerzahler und Steuerberater mir sympathisch waren.

Freundlich währt also am längsten.

Der unangemeldete Besuch: Die Steuerfahndung

Es klingelt morgens um sieben Uhr. Sie öffnen – natürlich im Bademantel – und werden von einem halben Dutzend mäßig freundlicher Finanzbeamter begrüßt.

Die Steuerfahndung ist da. Guten Morgen liebe Sorgen.

Die Beamten haben Kartons mitgebracht. Und drei Kombis. Da passt ne Menge rein. Diese Herrschaften nehmen jeden Fetzen Papier mit, der sich in Ihrer Wohnung findet.

Zeitgleich tauchen Finanzbeamte in Ihrem Unternehmen und bei Ihrem Steuerberater auf.
So einen Besuch vergisst man seinen Lebtag nicht.

Sollte Sie jemals der Besuch der Steuerfahndung treffen, gelten etwas andere Benimmregeln.

Sie verwandeln sich in einen Fisch.

Sie dürfen Angaben zu Ihrer Person machen. Aber was immer Ihnen vorgeworfen wird: Sie schweigen wie ein Grab und rufen direkt einen Rechtsanwalt oder uns an.

Und wir machen uns sofort auf den Weg.

Bis wir da sind, dürfen Sie den Steuerfahndern auch gerne einen Kaffee anbieten. Schaden kann es nicht. Bitte unterlassen Sie alle wüsten Beschimpfungen und alle Vergleiche mit diktatorischen Systemen.

Das macht die Sache für Sie nur schlimmer. Außerdem haben die Beamten das alles schon zig mal gehört.

Sie fragen sich, wie Sie einen Besuch der Steuerfahndung dauerhaft vermeiden können?

Ganz einfach: Da Sie Steuerhinterziehung nicht nötig haben, bleiben Sie sauber.

Dann passiert auch nichts …

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