Rechtsformen in der Arztpraxis (GbR, GmbH und mehr)

Niedergelassene Ärzte haben die Qual der Wahl bei der Rechtsform.

Wir zeigen auf, welche Rechtsformen für selbständige Ärzte grundsätzlich infrage kommen und welche steuerlichen Auswirkungen diese mit sich bringen:

Einzelpraxis

Wenn früher die Rede von einer Arztpraxis war, dann war in aller Regel die traditionelle Einzelpraxis gemeint.

Man ging zum „Dr. Meier“ in die Praxis. Hier war Dr. Meier der vielzitierte Halbgott in weiß und hatte alleine das Sagen.

Andere Rechtsformen waren für die ärztliche Niederlassung bis dahin nicht üblich oder noch gar nicht erlaubt.

Alleiniger Profit – alleinige Verantwortung

In der Einzelpraxis ist der niedergelassene Arzt alleiniger Betriebsinhaber.

Er kann in seiner Praxis quasi tun und lassen, was er will – jedenfalls muss er sich hier mit niemandem abstimmen.

Er profitiert alleine von allen wirtschaftlichen Chancen der Praxis. Brummt die Praxis, steht ihm alleine der gesamte Gewinn zu.

Auf der anderen Seite trägt der Inhaber auch alle Risiken alleine auf seinen Schultern.

Schlecht laufende Arztpraxen? Ja, die soll es geben.

Und nicht zu vergessen: Als Einzelinhaber muss man sich um alles alleine kümmern – von der Personaleinstellung bis hin zur Kaffeebestellung.

Auch eine Vertretung im Krankheits- und Urlaubsfall gestaltet sich schwierig. Nicht selten muss die Praxis dann geschlossen werden – planmäßig oder unplanmäßig.

Anstellung ist möglich

Einzelpraxis bedeutet übrigens nicht, dass der niedergelassene Arzt alleine praktiziert.

Denn es ist auch erlaubt, Ärzte in seiner Praxis anzustellen.

Inzwischen ist sogar ein klarer Trend erkennbar, dass viele Ärzte auch im ambulanten Bereich lieber in Anstellung arbeiten und keine eigene Praxis anstreben.

Dies bedarf einer zulassungsrechtlichen Klärung.

Zudem muss der Inhaber seine angestellten Ärzte fachlich überwachen, sonst droht Ungemach vom Finanzamt in Form der Gewerbesteuer.

Steuerliche Pflichten

Als Selbständiger gibt es auch gewisse steuerliche Pflichten zu erfüllen.

Für die Einzelpraxis ist ein Jahresabschluss (meist in Form der sog. Einnahmen-Überschuss-Rechnung) zu erstellen.

Der hieraus ermittelte Gewinn ist im Rahmen der Einkommensteuererklärung zu versteuern.

Wer seine Praxis örtlich in einem anderen Finanzamtsbezirk als seinem Wohnsitz eröffnet, den zwingt das Finanzamt noch zu einer weiteren Steuererklärung (gesonderte Feststellungserklärung).

Zwar schließen sich immer mehr Mediziner zu ärztlichen Kooperationen zusammen, aber die Einzelpraxis ist noch immer die zahlenmäßig häufigste Praxisform – knapp 60% der bestehenden Vertragsarztpraxen in Deutschland sind Einzelpraxen.

Berufsausübungsgemeinschaft / Gemeinschaftspraxis

Bereits seit einigen Jahrzenten erfreuen sich Zusammenschlüsse in Form einer Personengesellschaft auch bei Ärzten großer Beliebtheit.

Was früher Gemeinschaftspraxis hieß, schimpft sich heute eher Berufsausübungsgemeinschaft, kurz BAG.

Egal, wie das Kind heißt, beides sind gesellschaftsrechtlich Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR).

Übrigens: Eine in mehreren Orten ansässige und tätige BAG wird als Überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft noch um ein „Ü“ im Namen erweitert.

Geteiltes Leid ist halbes Leid

Die gemeinschaftliche Berufsausübung hat viele Vorteile:

Man kann sich die Arbeit aufteilen, man muss während des Sommerurlaubs nicht gleich den ganzen Laden für drei Wochen dicht machen, auch im Krankheitsfall hält der Kollege die Praxis am Laufen.

Schlecht ist es natürlich, wenn man den Kollegen nicht ausstehen kann.

Unser Motto: Die gemeinsame Praxis ist wie eine Ehe, in schlechten Zeiten noch schlimmer.

Klar ist aber auch: Tritt man einer Gesellschaft bei, muss man den Gewinn mit den anderen Gesellschaftern teilen.

Wie die Verteilung erfolgt, das kann jede Gesellschaft für sich entscheiden und hier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt.

Partnerschaftsgesellschaft

Was bei uns Steuerberatern weit verbreitet ist, ist bei den Medizinern eher selten anzutreffen.

Die Partnerschaftsgesellschaft ist eigentlich eine Sonderform der GbR – auf Freiberufler zugeschnitten.

Überraschenderweise tun sich die Zulassungsausschüsse noch schwer mit ärztlichen Partnerschaftsgesellschaften.

Sicherlich werden aber auch diese in Zukunft häufiger auftauchen.

Gemeinsame Steuererklärung notwendig

Für sämtliche Formen der Personengesellschaft ist aus steuerlicher Sicht eine zusätzliche Steuererklärung notwendig.

Es muss eine sogenannte Feststellungserklärung erstellt werden.

Hier wird der Praxisgewinn auf die einzelnen Beteiligten aufgeteilt. Grund dafür ist, dass die Gesellschaft selbst keine Einkommensteuer zahlt.

Dies tun die Gesellschafter auf persönlicher Ebene, auf der sie ihren Gewinnanteil versteuern.

Anders läuft es bei der Umsatzsteuer, wenn beispielsweise ein zahnärztliches Eigenlabor betrieben wird oder nicht medizinische Leistungen erbracht werden.

Hier ist dann die Gesellschaft der Steuerschuldner.

Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ)

Seien wir ehrlich: Es gibt nicht viele Dinge aus der ehemaligen DDR, die sich im westlichen Teil der Republik durchgesetzt haben.

Aber das heute bekannte MVZ hat seinen Ursprung tatsächlich in den Polikliniken Ostdeutschlands.

Die Idee: Ganz viele Arztpraxen verschiedener Fachrichtungen in einem Haus. Also ein medizinischer All-Inclusive-Service für den Patienten.

Inzwischen ist das medizinische Versorgungszentrum aber auch ohne ein fachliches Übergreifen möglich.

MVZ in verschiedenen Gestalten möglich

Das MVZ ist tatsächlich gar keine eigenständige gesellschaftsrechtliche Rechtsform.

Es handelt sich hierbei um ein medizinrechtliches Konstrukt, welches in verschiedenen Rechtsformen ausgeübt werden kann.

Träger des MVZ kann nur ein Arzt (oder mehrere), eine Klinik oder ein Dialysezentrum sein.

Ein MVZ kann als GbR auftreten. Hier ergeben sich rein steuerlich keinerlei Unterschiede zur BAG.

Flexibilität beim Personal

Der aus unserer Sicht größte Vorteil des MVZ (unabhängig von der gesellschaftsrechtlichen Rechtsform):

Im MVZ gibt es keine Beschränkung, was die Anstellung von Ärzten angeht. Ein MVZ kann folglich beliebig viele Ärzte anstellen.

Arztpraxis als GmbH

Durch die Einführung von MVZ-Strukturen im Jahr 2004 hat auch endlich die GmbH Einzug in die deutschen Arztpraxen erhalten.

Der vermeintlich größte Vorteil einer GmbH steckt mit der Haftungsbeschränkung schon im Namen.

Dass einem diese Beschränkung gerade als Arzt häufig nicht hilft (insbesondere in Finanzierungsfragen) steht auf einem anderen Stern.

Auch wenn man sich als GmbH-Gesellschafter als „Selbständiger“ fühlt, ist man dies – zumindest steuerlich – nicht. Vielmehr ist man bei seiner GmbH angestellt und gilt daher als Arbeitnehmer.

GmbH ist Steuersubjekt

Bei der Besteuerung ergibt sich ein wesentlicher Unterschied zur BAG:

Denn die GmbH ist selbst Steuersubjekt der Ertragsteuer. Die Einkommensteuer für Kapitalgesellschaften heißt Körperschaftsteuer.

Größter Unterschied hier: Bei der Körperschaftsteuer liegt der Steuersatz immer linear bei 15% und ist nicht progressiv.

Eine GmbH ist kraft Rechtsform immer ein Gewerbebetrieb.

Das dürfte für den Arzt befremdlich sein („Meine Praxis ist doch eine Arztpraxis. Die soll jetzt ein Gewerbe sein? Niemals“) und führt auch dazu, dass für die Praxis Gewerbesteuer zu zahlen ist.

Was nach allen Kosten (inkl. des eigenen Gehalts) und Steuern noch verbleibt, kann dann an die MVZ-Inhaber ausgeschüttet werden.

Von dieser Ausschüttung profitiert aber wieder das Finanzamt durch die Kapitalertragsteuer (Abgeltungssteuer), so dass man sich nur ca. drei Viertel des verbleibenden Gewinns selber einstreichen kann.

Was der GmbH gehört, gehört der GmbH

Was vielen Ärzten ein Dorn im Auge ist: An das Geld der GmbH darf man nicht ohne weiteres so einfach ran.

Anders als bei einer BAG darf man nicht eben mal 20.000 Euro vom Praxiskonto für den privaten Luxus-Urlaub abheben.

Denn hier gibt es zwischen der GmbH und den Gesellschaftern eine klare Trennung der Identität.

Bilanzierungs- und Veröffentlichungspflichten

Eine GmbH ist immer verpflichtet, eine Bilanz zu erstellen. Diese dient der Ergebnisermittlung.

Viel schlimmer jedoch: Diese Bilanz geht nicht nur ans Finanzamt, sondern sie muss auch im Bundesanzeiger veröffentlicht werden.

Darauf hat jedermann Zugriff. Und gerade Freiberufler lassen – im übertragenen Sinne – erfahrungsgemäß nur sehr ungern die Hosen runter.

Praxisgemeinschaft

Ähnlicher Begriff, komplett andere Wirkung: Eine Praxisgemeinschaft ist etwas ganz anderes als eine Gemeinschaftspraxis.

Hier bestehen vielmehr nebeneinander zwei Einzelpraxen. Diese sind rechtlich, abrechnungstechnisch und organisatorisch komplett voneinander getrennt.

Gemeinsame Ressourcennutzung

Die beiden in einer Praxisgemeinschaft zusammengeschlossenen Praxen bilden jedoch für einzelne Ressourcen eine Kostengemeinschaft.

Häufig werden sich Räumlichkeiten, Gerätschaften, aber auch Fachpersonal geteilt.

Rein steuerlich ist zu beachten, dass immer eine Steuererklärung für die Praxisgemeinschaft zu erstellen ist.

In dieser Feststellungserklärung wird jedem Beteiligten dessen jeweiliger Verlustanteil zugewiesen.

Selten genug: In einer Praxisgemeinschaft erkennt das Finanzamt sogar laufende Verluste steuerlich an.

Untermiete

Nicht zu verwechseln mit der Praxisgemeinschaft ist das reine Untermietverhältnis.

Hier werden keine Räumlichkeiten und kein Personal geteilt. Vielmehr werden lediglich zwei getrennte Praxen in räumlicher Nähe ausgeübt.

Aus steuerlicher Sicht besteht keine Verbindung zwischen (Unter-)Vermieter und Untermieter.

Beide Parteien verbindet nur der Mietvertrag. Dieser führt beim Vermieter zu Betriebseinnahmen und beim Mieter zu Betriebsausgaben.

Fazit: Rechtsformen in der Arztpraxis

Es ist inzwischen gar nicht mehr so leicht, sich im Dschungel der Rechtsformen zurechtzufinden.

Die Rechtsform einer Arztpraxis sollte zwar wohlüberlegt sein. Aber sie kann sich im Laufe der Zeit durchaus sinnvoll ändern.

Beispielsweise kann aus einer Einzelpraxis durch Aufnahme eines Juniorpartners eine BAG werden.

Ob und warum sowas sinnvoll sein kann, erfahren Sie hier.

Klar ist: Es gibt nicht die richtige oder die falsche Rechtsform.

Entscheidend ist vielmehr, was für ein Typ man selber ist und wie man arbeiten möchte.

Vor jeder Niederlassung ist ohnehin der Gang zum Steuerberater und Medizinrechtsanwalt unentbehrlich, diese können auch bei der Rechtsformwahl unterstützen.

Mehr zum Thema erfahren Sie in diesem YouTube-Video:

Rechtsform Niederlassung

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  • Dr. Kornelius Heck Okt 5, 2022 @ 14:46

    Immer wieder großartig, wie einfach ihr knifflige Themen erklärt. Nach 12 Jahren Niederlassung lerne ich doch noch viel Neues über die Gesellschaftsformen! Vielen Dank und liebe Grüße!

    • Lucas Schüren Okt 10, 2022 @ 7:32

      Lieber Herr Dr. Heck,

      vielen Dank für das Lob!

      Es freut uns, dass Sie noch einiges mitnehmen konnten; man lernt ja bekanntlich nie aus!