Immobilie bewerten: Lage, Lage, Lüge?

Sie wollen in Immobilien investieren und dabei ein gutes Geschäft machen?

Dann haben Sie den beliebtesten aller Maklersprüche vermutlich schon gehört:

„Was sind die drei wichtigsten Dinge beim Immobilienkauf? Lage, Lage und Lage!“

Klingt erst einmal überzeugend.

Doch leider entspricht die Vorstellung, die sich viele Anleger von der idealen Lage und der daraus resultierenden Immobilienbewertung machen, einem wenig brauchbaren Klischee …

Lage top, Rendite flop?

Die meisten Menschen interpretieren den Maklerspruch dahingehend, dass man Immobilien nur in den renommierten Top-Lagen unserer Metropolen kaufen sollte. Und damit dann die größten Gewinne erzielt.

Zugegeben, die so genannten Top-Lagen haben in den letzten Jahren eine fantastische Wertentwicklung hingelegt. Seit 2010 sind in deutschen Großstädten die Preise für Eigentumswohnungen um 40 Prozent gestiegen.

Aber wohin führt der Run auf die Top-Lagen?

Claus Michelsen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforderung wird in einem Artikel der Süddeutschen Zeitung wie folgt zitiert:

„Die Entkopplung der Kaufpreise von den Mieten ist ein Anzeichen, dass Investoren darauf bauen, dass sie die Immobilie in Zukunft zu höheren Preisen verkaufen können – unabhängig von der allgemeinen Marktentwicklung. Das ist das, was man allgemein als spekulatives Verhalten bezeichnet.“

Was ist mit der „Entkopplung“ der Kaufpreise von den Mieten gemeint?

Ein Immobilieninvestor hat in der Regel eine Wunschrendite, die er mit der Immobilie erzielen möchte. Nehmen wir an, diese beträgt 10 Prozent.

Steht eine Mietwohnung mit einer Jahresnettokaltmiete von beispielsweise 6.000 EUR zum Verkauf, könnte der Investor 60.000 EUR für sein Investment ausgeben, um seine Wunschrendite zu erhalten. Steigt die Miete auf 7.000 EUR, wäre der Investor zu einem Kaufpreis von 70.000 EUR bereit.

In den letzten Jahren sind jedoch in vielen Top-Lagen die Kaufpreise gestiegen, ohne dass die Mieten entsprechend angezogen haben.

Die Käufer aber versprechen sich immer noch ihre Wunschrendite. Sie bauen nun darauf, dass sie diese nicht durch Mieteinnahmen, sondern durch zukünftige Wertsteigerungen der Immobilie realisieren können.

Welche Lage lohnt sich wirklich?

Natürlich zählt die Lage, aber eben anders als uninformierte Anleger vielleicht denken.

Für den rational agierenden Immobilien-Investor ist der Wert einer Immobilie morgen oder übermorgen zunächst einmal egal. Entscheidend ist, ob er auf sein eingesetztes Kapital langfristig eine ordentliche Rendite erwirtschaften kann oder nicht.

Hierfür ist als einigermaßen verlässlicher Faktor die Höhe der erzielbaren Miete wichtig und weniger die Wertentwicklung.

Nicht falsch verstehen: Die Wertentwicklung ist natürlich Teil der Gesamtrendite, Sie ist allerdings – aus den unterschiedlichsten Gründen – verdammt schwer vorherzusehen.

Der Standort (also die Lage) muss in erster Linie das Potential haben, für Mieter interessant zu sein. Und dies möglichst langfristig zu bleiben.

Dabei sollte man nicht unbedingt von seinem eigenen Geschmack auf den Geschmack anderer Leute schließen.

In Köln, meiner Wahlheimat, zieht es viele nach Lindenthal, einem der teuersten Standorte. Andere bevorzugen Randlagen wie Esch oder Pesch (die Stadtteile heißen wirklich so …) Jeder Jeck ist eben anders, wie man bei uns sagt.

Der Vorteil der Randlagen: Die dort erzielbaren Mietrenditen sind gemessen am Kaufpreis in der Regel deutlich höher als in der City. Ich habe eben für ein paar Minuten auf der größten Internet-Plattform im Immobilienbereich gestöbert:

In Köln-Esch (Randlage) fand ich eine vermietete Wohnung zum Kauf, die zum 24-fachen der Jahresnettokaltmiete veräußert werden soll. Im sehr beliebten und zentraler gelegenen Junkersdorf lag das erste Angebot beim 27-fachen der Jahresnettokaltmiete.

Oder anders gesagt: Bei einem Kaufpreis in Höhe von ca. 250.000 EUR bekommt man in guter Lage 770 EUR Miete. In Randlage sind es 870 EUR und damit bereits 100 EUR mehr.

Sehen wir uns zum Vergleich einmal die Preise in einer Düsseldorfer 1A-Toplage, nämlich in Oberkassel, an. Auch hier interessiert uns wieder das Verhältnis von Miete zu Kaufpreis.

Eine einfache Recherche bei Immoscout ergibt: Die Kaufpreise schwanken zwischen dem 35-fachen und 60(!)-fachen der Jahreskaltmiete.

Verglichen mit dem Beispiel aus Köln bekomme ich nun für meinen Kaufpreis in Höhe von 250.000 EUR also nur noch 350 EUR bis 600 EUR Miete.

Was heißt das für eine mögliche (vereinfachte) Renditebetrachtung?

Richtig kalkulieren

Nehmen wir an, mit einer vermieteten Immobilie ließe sich eine Jahreskaltmiete in Höhe von 6.250 EUR erzielen. Nehmen wir weiter an, dass der Kaufpreis dem 40-fachen Wert der Jahresnettokaltmiete entspricht und somit 250.000 EUR beträgt.

Welche Rendite können wir nun aus dieser Kapitalanlage in 1A-Lage erzielen?

Rechnen wir an dieser Stelle einmal etwas vereinfacht – ohne Berücksichtigung von Finanzierungen.

Zunächst einmal kostet die Immobilie nicht 250.000 EUR. Die Nebenkosten (Grunderwerbsteuer, Notar, Gerichtskosten, Makler) in Höhe von vielleicht 25.000 EUR müssen schließlich auch bezahlt werden.

Damit wären wir schon bei einem Investment von 275.000 EUR und einer Mietrendite von 2,3 Prozent (6.250 EUR Miete : 275.000 EUR x 100).

Hinzu kommt, dass die Kosten für den Hausverwalter, Instandhaltungsarbeiten, und einige andere Ausgaben nicht oder nicht vollständig auf den Mieter umgelegt werden können. Diese trägt der Eigentümer der Eigentumswohnung selbst.

Kalkulieren wir die Hausverwaltung einmal mit 250 EUR, die jährlich anfallenden Renovierungskosten mit 3.500 (im Jahresschnitt) und die Rechtschutzversicherung mit 250 EUR ein.

Unsere Vorsteuerrendite hat sich soeben auf 0,8 Prozent verschlechtert.

Jetzt darf nicht mehr viel passieren (wie z.B. Mietminderungen, Mieterwechsel, etc.) und wir landen schnell bei einer schwarzen 0.

Würden Sie für die Finanzierung einer solchen „Plus-minus-null“-Kapitalanlage ein Darlehen mit einem Zinssatz von 2 Prozent aufnehmen?

Investieren statt Spekulieren

Die Rechnung ginge in diesem Beispiel höchstens dann noch auf, wenn tatsächlich durch die Wertentwicklung der Immobilie ein vernünftiger Gewinn am Ende des Anlagehorizonts erzielt würde.

Und auch wenn viele Experten für die nächsten Jahre weitere steile Preisanstiege in den Metropolen prophezeien: es ist und bleibt Spekulation.

Wollen Sie sich daran beteiligen?

Oder ziehen Sie nicht lieber eine vergleichsweise sichere Rendite aus Mieteinnahmen der spekulativen Wertentwicklung vor?

Wie gesehen muss für ein gutes und solides Immobilieninvestment nicht in den Top-Lagen unserer Metropolen gesucht werden. Ganz im Gegenteil.

Auch in Städten mit vielleicht stagnierenden oder sogar leicht schrumpfenden Bevölkerungszahlen findet man Stadtteile, die immer beliebt waren und weiter gewachsen sind. Und innerhalb von Stadtteilen wiederum wird es beliebte (und weniger beliebte) Straßen geben.

Eine Lage ist also nicht deswegen gut, weil Sie teuer ist.

Sie muss einfach nur zu einer ordentlichen Rendite führen und langfristig vermietbar sein. Und wenn die Rendite aus der Miete dauerhaft stimmt, spricht viel dafür, dass man die Wohnung wieder zu einem guten Preis verkaufen kann.

Immobilie bewerten – die richtige Lage

Fragen Sie sich: Welche Lagen sprechen Mieter noch in 20 Jahren an und welche werden vielleicht in 20 Jahren attraktiver sein als heute?

Das sind die einzigen Gedanken, die man sich über die Lage wirklich machen muss.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Suche nach der richtigen Immobilie in der richtigen Lage!

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Comments on this entry are closed.

  • Horst Merkle Nov 21, 2018 @ 14:28

    Ein sehr interessanter Artikel, der mir einige wichtige Aspekte darlegt.
    Dies vor dem Hintergrund, dass die Immobilienpreise z.Zt. völlig aus dem Ruder zu laufen scheinen.

    Mit der Betrachtung der Mietrendite im Verhältnis zum Kaufpreis erhalte ich einen kalkulierbaren Indikator, der mir bei der Entscheidung, ob der Kauf noch lohnenswert ist, behilflich sein kann.