Fast drohte 2022 ein langweiliges Jahr zu werden.
Doch kaum ist Corona besiegt, da lauern schon neue Gegner.
“Der Russe“ steht mal wieder vor unserer Haustür. Und auch die deutschen Finanzämter rüsten weiter auf.
Dank Grundsteuerreform droht etwa 40 Millionen Immobilienbesitzern Post vom Finanzamt.
Womit Sie als Inhaber einer Immobilie diesbezüglich rechnen müssen, erfahren Sie in diesem Artikel.
Was war noch gleich die Grundsteuer?
Mit der Grundsteuer wird jeder Immobilieneigentümer in Deutschland jährlich belastet. Dies betrifft alle Arten von Immobilien – unabhängig von deren Nutzung.
Hierzu bekommt man zu Beginn eines jeden Jahres einen Steuerbescheid der Stadt, oftmals verbunden mit der Festsetzung weiterer Grundbesitzabgaben.
Dem Steuerbescheid ist in diesem Jahr ein Infoschreiben der Gemeinde beigefügt. Dieses weist auf die Änderungen im Jahr 2022 hin.
Das heutige System der Grundsteuer gilt seit 1964
In den letzten Jahrzehnten steckte in der Grundsteuer gefühlt wenig Arbeit – für den Steuerbürger, aber auch für die Steuerberater.
Grund hierfür ist, dass die Bewertungsmaßstäbe dieser Steuerart bereits seit 1964 in Deutschland unverändert sind.
Nebenbei, 1964: Heinrich Lübke war unser Staatsoberhaupt, in den USA regierte Lyndon B. Johnson und in der UDSSR (das war „der Russe“) Nikita Chrustschow.
Dass eine Regelung im Steuerrecht eine solchen Zeitraum überdauert, ist schon außergewöhnlich.
Ursprünglich war angedacht, alle sechs Jahre eine neue Bewertung vorzunehmen
Was seitens der Finanzverwaltung aufgrund des damit verbundenen Verwaltungsaufwandes jedoch nie umgesetzt wurde.
So wird heute noch Grundsteuer nach den Bewertungsmaßstäben aus den 60ern – in der ehemaligen DDR sogar auf Grundlage von Werten aus 1935(!) – gezahlt.
Lediglich die Hebesätze der Gemeinden haben sich seitdem alle Nase lang verändert.
So funktioniert die Grundsteuer
Das System funktionierte bislang wie folgt:
Es wird (bzw. wurde in 1964) für jedes Grundstück ein sog. Einheitswert bestimmt, aus dem sich die Grundsteuermesszahl ergibt.
Diese ist dann wiederum die Grundlage für die Besteuerung. Den darauf anzuwendenden Steuersatz (Hebesatz) darf jede Gemeinde individuell bestimmen.
Grundsteuerreform nach Urteil des Bundesverfassungsgerichts notwendig
Im Jahr 2018 befand das Bundesverfassungsgericht, das bestehende Grundsteuer-System sei verfassungswidrig.
Die Richter in Karlsruhe nannten die Bewertungsmaßstäbe „realitätsfern“ – keine überraschende Erkenntnis angesichts der Preisentwicklungen seit 1964.
Zudem gab man der Bundesregierung die Hausaufgabe, ein neues (faires) Bewertungs- und Besteuerungsverfahren zu entwerfen.
Wieder einmal brauchte es also ein Machtwort aus Karlsruhe, um den Stein ins Rollen zu bringen.
In 2022 wird neu bewertet
Im Jahr 2022 werden erst einmal die Grundlagen für die neue Bewertung gesammelt. Besteuert wird nämlich erst ab 2025 nach dem neuen System.
Im Klartext bedeutet das: Alle Grundstückseigentümer sind verpflichtet, bis zum 31.10.2022 eine Steuererklärung (sog. „Feststellungserklärung“) für ihre Grundstücke beim Finanzamt einzureichen.
Die Abgabe der Erklärungen soll wiederum frühestens ab Juli möglich sein.
Finanzamt bearbeitet die Steuererklärungen bis 2025
Die Zeitschiene ist bei der Vielzahl der Erklärungen extrem sportlich. Die Finanzverwaltung hat im Übrigen dann für die Bearbeitung bis Anfang 2025 Zeit.
Man muss eine Steuererklärung einreichen und kann erst zwei bis drei Jahre später sagen, was letztlich an Steuerlast dabei herausspringt. Für uns Steuerberater ein Graus…
Am eigentlichen Besteuerungsverfahren ändert sich quasi nichts: Das neue System orientiert sich am Grundstückswert, der Grundsteuermesszahl und dem Hebesatz der Gemeinden.
Flickenteppich im Bundesgebiet
Das Bundesfinanzministerium hat zwar vorgegeben, wie die Berechnung zu erfolgen hat.
Den Ländern wurde aber das Recht eingeräumt, von diesem „Bundesmodell“ abzuweichen und ein eigenes Verfahren zu entwerfen.
Davon machen auch die Hälfte der Länder Gebrauch. Man darf sich also künftig über einen Flickenteppich mit verschiedensten Besteuerungssystemen freuen.
Immerhin: In NRW wird das Bundesmodell angewandt.
Welche Unterlagen werden benötigt?
Für die Steuererklärung benötigen Sie einige Angaben zum Grundstück und dem Gebäude, wie Lage, Bodenrichtwert, Grundstücksgröße, Baujahr und Wohnfläche.
Man sollte also schon mal alte Wohnflächenberechnungen rauskramen, sofern man nicht bald mit dem Zollstock durch die eigene Wohnung laufen möchte.
Wie teuer wird die Grundsteuerreform?
Zunächst wird im Rahmen der großen „Grundsteueraktion 2022“ erstmal nur der relevante Wert für jedes Grundstück ermittelt.
Welchen Steuerhebesatz welche Gemeinde dann ab 2025 anwendet, steht nochmal auf einem anderen Blatt.
Offizielle Stellen behaupten, das gesamte Grundsteueraufkommen solle unverändert bleiben.
Generell wird davon ausgegangen, dass es in den Städten teurer wird und auf dem Land günstiger werden könnte.
Ob das Steueraufkommen in Zeiten hoher Staatsausgaben wirklich nicht steigen wird, darf bezweifelt werden…
Wie geht es weiter?
Ob das gesamte Verfahren in dem gesteckten Zeitrahmen umsetzbar ist, wird sich zeigen.
Die Finanzverwaltung in NRW scheint es hier eher piano anzugehen und hat ein Infoschreiben an alle Bürger „ab Mai“ angekündigt.
Auch wir empfehlen unseren Mandanten mit Grundbesitz (das ist die überwiegende Mehrheit) erst einmal abzuwarten.
Wir informieren Sie
Wir werden mit Neuigkeiten zur Grundsteuerreform auf Sie zukommen, sobald wir mehr wissen.
Selbstverständlich können wir Sie bei der Erstellung der Steuererklärungen unterstützen bzw. die Erklärung für Sie erstellen – ganz unabhängig davon, in welchem Bundesland Ihre Grundstücke belegen sind.
Es schadet sicherlich nicht, bald die alten Unterlagen zu Ihren Grundstücken vom Dachboden zu kramen, denn diese werden mit Sicherheit benötigt.
Neubewertung alle sieben Jahre
Ach ja: Geplant ist, dass künftig alle sieben Jahre eine Neubewertung erfolgt.
Gemessen an der letzten Grundsteuer-Zeitrechnung erwartet uns dann im Jahre 2080 wieder eine muntere Grundsteuer-Rechnerei …
Mehr zum Thema erfahren Sie in diesem YouTube-Video:
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