Wann brauche ich eine GmbH oder Holding?

Seit über 100 Jahren existiert in Deutschland die GmbH als Rechtsform für Unternehmen.

Ausgeschrieben: Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Befeuert durch neue „Steuergurus“ im World Wide Web, erfährt die GmbH seit ein paar Jahren besondere Aufmerksamkeit.

Glaubt man den Gurus, dann sei jeder Unternehmer ohne GmbH falsch beraten oder einfach dumm.

Weil man ohne GmbH so viele Steuern verschenkt …

Doch was ist wirklich dran am Hype um die Kapitalgesellschaft ?

Die GmbH ist eine Juristische Person

Die GmbH besitzt eigene Rechtsfähigkeit.

Sie kann Grundstücke erwerben, Verträge schließen, ihre Inhaber anstellen, und so weiter.

Es wird teils sogar behauptet, dass die GmbH auch strafrechtlich verfolgt werden kann.

Das ist natürlich Unsinn. Eine GmbH begeht keine Straftaten, das tun nur Menschen.

Auf Ebene des Zivilrechts lässt sich eine GmbH allerdings tatsächlich verklagen.

Die GmbH ist Steuerzahler

Sie zahlt die so genannte Körperschaftsteuer, die vom Gedanken her der Einkommensteuer des Privatmanns entspricht.

Daneben zahlt die GmbH möglicherweise Gewerbesteuer und Umsatzsteuer.

Das hängt ein wenig von der Tätigkeit der GmbH ab.

Beschränkte Haftung?

Der Grundgedanke der GmbH ist, dass man „nur“ mit dem eingezahlten Stammkapital in Höhe von 25.000 EUR im Risiko steht.

Funktioniert das Geschäftsmodell der GmbH nicht, ist das Privatvermögen der Inhaber der GmbH geschützt.

Das ist die Theorie. Jetzt kommt das Aber:

In der Praxis wird einer GmbH niemand nennenswerte Summen leihen, ohne sich in irgendeiner Form abzusichern.

Das gilt zunächst einmal für Banken.

Eine Existenzgründer-GmbH wird schwerlich einen Kredit bekommen, ohne dass die Gesellschafter der GmbH hierfür persönlich bürgen.

Die Banken sind ja nicht blöd.

Auch der Vermieter der Büro-/Praxisräume wird häufig eine Bürgschaft verlangen, bevor er einen langjährigen Mietvertrag unterschreibt.

Damit steht man bezüglich zwei wesentlicher Kostenpositionen als Gesellschafter weiter „im Feuer“.

Ferner gibt es noch die persönliche Haftung der Geschäftsführer.

Diese greift dann, wenn man sich nicht wie ein „ordentlicher Kaufmann“ verhält.

Gibt man beispielsweise Steuererklärungen nicht ab oder verschleppt eine Insolvenz, dann haftet der Geschäftsführer für die verursachten Schäden.

Je nach Geschäftsmodell kann es natürlich dennoch  sinnvoll sein, eine Haftungsbeschränkung zu haben.

Bei sehr hohen Personalkosten und nicht versicherbaren Haftungsrisiken kommt man an einer Rechtsform mit Haftungsbeschränkung nicht vorbei.

Bilanzierung- und Offenlegungspflichten

Bei der GmbH fällt regelmäßig mehr Bürokratie an als bei einem Einzelunternehmen.

Eine GmbH erstellt beispielsweise zur Ermittlung ihrer Gewinne Bilanzen.

Während der Freiberufler von der einfachen Gewinnermittlung der Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) Gebrauch machen kann.

Bilanzerstellung der GmbH

Bei einer Bilanz werden Einnahmen und Ausgaben dem Jahr zugeordnet, in welchem die Einnahmen oder Ausgaben entstanden sind beziehungsweise verursacht wurden.

Hat beispielsweise die MVZ-GmbH eines Zahnarztes einen Patienten behandelt, ist der Erlös in dem Jahr zu versteuern in welchem der Patient behandelt wurde.

Unabhängig vom Zeitpunkt der Zahlung.

Bei einer Einzelpraxis oder Gemeinschaftspraxis GbR versteuert der Zahnarzt die Einnahme regelmäßig erst dann, wenn das Geld geflossen ist.

Bildung von Rückstellungen

Als besonderer Vorteil der GmbH wird häufig genannt, dass die GmbH ja schon Kosten steuerlich geltend machen darf, wenn diese noch gar nicht in Rechnung gestellt wurden.

Stimmt. Mit so genannten Rückstellungen.

Die Steuerberaterrechnung für die Bilanz 2020 darf beispielsweise schon in 2020 als Betriebsausgabe geltend gemacht werden, auch wenn sie in 2020 noch gar nicht vorliegt oder noch gar nicht geschrieben wurde.

Solche Rückstellungen sind auch denkbar für nicht genommenen Urlaub der Mitarbeiter, Aufbewahrungskosten für Buchhaltungsunterlagen  etc.

Das ist natürlich irgendwie ganz nett, stellt aber nur eine Steuerverschiebung dar.

Wenn man nun noch berücksichtigt, dass ja auch die Einnahmen früher versteuert werden, läuft dieser vermeintliche Vorteil meist ins Leere.

Veröffentlichungspflichten der GmbH

Aufgrund der Haftungsbeschränkung der ist es für Dritte mit einem gewissem Risiko verbunden, mit der GmbH Geschäfte zu machen.

Um Kunden und Geschäftspartner zu schützen, müssen Unternehmen mit Haftungsbeschränkung ihre Bilanzen im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlichen.

Dort kann jedermann mit wenigen Mausklicks die Bilanzen der entsprechenden Firmen einsehen.

Dies löst für den GmbH-Inhaber nicht immer Freude aus. Muss man aber aushalten.

Kommen wir nun zu dem Aspekt, der die GmbH-Fans tatsächlich bewegt:

Die Steuerbelastung der GmbH

Anders als bei Einzelunternehmern und Personengesellschaften existiert für die GmbH keine Steuerprogression.

Jeder Euro wird mit 15% Körperschaftsteuer besteuert. Zuzüglich Solidaritätszuschlag. Damit wären wir bei ca. 16%.

Klingt günstig.

Bei reinen vermögensverwaltenden GmbHs, die beispielsweise Immobilien verwalten, war es das auch schon.

Ansonsten zahlt die GmbH meist auch Gewerbesteuer.

Die Höhe hängt von den Hebesätzen in den jeweiligen Gemeinden ab. Meist liegen wir hier ebenfalls in einem Bereich um die 15%.

Auf die Gewerbesteuer wird kein Solidaritätszuschlag bezahlt.

Wir kommen also insgesamt auf eine Steuerbelastung in Höhe von ca. 31%.

Was machen jetzt die Steuerexperten aus dem Netz daraus?

Jeder Steuerzahler, der ein Einkommen von mehr als 30.000 EUR erwirtschaftet, zahlt mehr als 30% Steuern.

Jeder, der ab diesem Einkommen keine GmbH hat, ist dämlich.

So die „Experten“.

Was ist dran am Steuervorteil der GmbH?

Zunächst dürfen wir nicht vergessen, dass es bei „privaten“ Steuerzahlern eine Steuerprogression gibt.

Verdient der Single mehr als etwa 30.000 EUR, werden nur die Einkommensanteile die „on top“ kommen höher als 30% versteuert.

Um auf eine durchschnittliche Steuerbelastung von 30% zu kommen, muss der Single schon mehr als 65.000 EUR verdienen.

Und es ergibt sich ein weiteres Problem:

Die Steuerbelastung in Höhe von 31% gilt nur für nicht ausgeschüttete Gewinne

Wenn die Gewinne in der GmbH mit 31% besteuert worden sind, ist das ja schön und gut.

Nur liegen dann die Gewinne in der GmbH und dürfen noch nicht privat verkonsumiert werden. Und das ist ja (sehr häufig) das Ziel.

Und werden jetzt die verbliebenen Gewinne in Höhe von 69% ausgeschüttet an den Inhaber der GmbH, ergibt sich eine weitere Steuerbelastung in Höhe der Abgeltungssteuer von 25%.

Bezogen auf den Gewinn nach Steuern der GmbH sind das dann noch einmal ca. 17% (abgerundet).

Will man also ran an die Kohle, dann zahlt man in der GmbH insgesamt um die 48% Steuern.

[box-grau]Der Grenzsteuersatz für Spitzenverdiener in Deutschland ab einem Einkommen in Höhe von ca. 275.000 EUR (für Singles, bei Ehegatten wird der Betrag verdoppelt) liegt bei 45% + Solidaritätszuschlag, somit ca. 47,5%.[/box-grau]

Gewonnen hat man durch die GmbH also erst einmal nichts. Sofern man an das Geld ran will.

Gehalt statt Gewinnausschüttung

Alternativ kann man in bestimmten Grenzen die Gewinne auch als Gehalt für den Gesellschafter-Geschäftsführer auszahlen.

Dann zahlt man hierauf die „normale“ Steuer als Privatmann.

Gewonnen hat man dann also auch nichts, man zieht nur gleich mit den Personen ohne GmbH.

Bis hierhin halten wir also fest:

Für die meisten Unternehmer ist die GmbH steuerlich teurer als das Einzelunternehmen

Gerade für Existenzgründer ergibt sich folgendes Problem:

Man startet in das Unternehmertum oft mit Verlusten.

Vielleicht hat die GmbH trotz Verlust den Gesellschaftern ein Gehalt gezahlt.

Denn von irgendwas muss man ja leben.

Das Problem:

Die Verluste aus der GmbH können nicht mit positiven Einkommen im  privaten Steuerbescheid verrechnet werden.

Die Verluste werden in der GmbH stattdessen vorgetragen und stehen dann in Zukunft zur Verrechnung mit Gewinnen zur Verfügung.

Das Gehalt muss natürlich dennoch versteuert werden. Bisher erscheint die GmbH also eher nachteilig zu sein.

Dennoch kann die GmbH mit ihrem Steuersystem sehr sinnvoll sein.

Wann die GmbH die bessere Rechtsform ist

Sinnvoll ist die GmbH häufig für Unternehmungen, die  neben dem Hauptberuf gegründet werden.

[box-gelb]Brauche ich das Einkommen nicht zum leben, kann ich – sofern ich Gewinne mache – erst einmal einen Teil der Steuerbelastung sparen, wenn ich die Gewinne im Unternehmen stehen lasse.[/box-gelb]

Ich könnte beispielsweise die gesparten 17% zu einer schnelleren Entschuldung der GmbH verwenden.

Immobilien in einer vermögensverwaltenden GmbH

Spaß kann dies auch bei  vermieteten Immobilien machen, denn hier zahlt die GmbH keine Gewerbesteuer.

Die Ersparnis ist also erst einmal um die Gewerbesteuer höher und es steht noch mehr Geld zur Schuldentilgung zur Verfügung.

Dieses Modell kann jedoch auch bei Immobilien zum  Nachteil werden, wenn die Immobilien länger als zehn Jahre gehalten werden und nennenswerte Wertzuwächse erzielt werden.

Denn die GmbH kennt keine Steuerfreiheit von Immobilienveräußerungen nach zehn Jahren.

Die Steuergurus argumentieren nun, dass man ja anstatt der Immobilie die GmbH-Anteile verkaufen könnte.

Hierfür sieht das Steuerrecht nämlich eine Begünstigung vor. Allerdings will die olle GmbH häufig niemand haben.

Ob also die GmbH für ein Mietobjekt sinnvoll ist, muss man für jede Immobilie sorgfältig abwägen.

Für renditestarke Mehrfamilienhäuser in B- und C-Lagen oder Gewerbeimmobilien kann das wirklich interessant sein.

Aktien in einer Cash-GmbH?

Kann dies sinnvoll sein? Hört man auch immer wieder.

Als Privatmann müssen Sie Wertsteigerungen von Aktien bei Verkauf derzeit mit der Abgeltungssteuer in Höhe von 25% versteuern.

Anders sieht das bei der GmbH aus.

Hält eine GmbH Aktien, sind nur 5% des Veräußerungsgewinns steuerpflichtig.

[box-grau]Aber auch hier gilt: Bei Ausschüttung wird die Abgeltungsteuer fällig und man hat Steuern nur verschoben.[/box-grau]

Wer viel hin und her tradet, freut sich vielleicht dennoch, weil zunächst mehr Anlagevolumen zur Verfügung steht.

Das Modell hat hin und wieder seine Berechtigung.

[box-grau]Wenn man beispielsweise seine Altersvorsorge in großem Umfang auf Aktien aufbaut und in der Rentenphase kein nennenswertes Einkommen (zum Beispiel aus Renten) bezieht, kann man die Ausschüttungen dann vornehmen, wenn ansonsten kein steuerpflichtiges Einkommen vorhanden ist. [/box-grau]

In Höhe des Grundfreibetrages wären die Veräußerungsgewinne dann zumindest vollständig steuerfrei und bis zur Höhe der Abgeltungsteuer könnte man die niedrigeren Progressionsstufen ausnutzen.

Auch interessant ist das Modell für die Aktien-Fans, die gerne jede Hauptversammlung in der ganzen Welt besuchen.

Solche Reisekosten sind privat steuerlich nicht absetzbar. Als Geschäftsführer der Aktien-GmbH jedoch schon.

Zu bedenken sind natürlich noch die Strukturkosten der GmbH.

Die dargestellten Vorteile sollten das Steuerberaterhonorar übersteigen.

Ein Vorteil der GmbH muss meines Erachtens noch erwähnt werden:

Das Bilden von Steuerrücklagen wird einfacher

Meist gestaltet man seine GmbH ja so, dass die Gewinne überwiegend in Form eines Gehalts ausgezahlt werden.

Das hat Charme im Vergleich zum Einzelunternehmen.

Denn Sie zahlen Ihre Steuern bereits über den Lohnsteuerabzug auf Ihrer Gehaltsabrechnung.

Kein lästiges Bilden von Rücklagen mehr und man behält so besser die Übersicht über das eigene Nettoeinkommen.

In der GmbH selbst muss man natürlich an die Rücklagen denken.

Brauche ich neben der GmbH noch eine Holding GmbH?

Die Steuergurus, die zur GmbH raten, empfehlen meist, direkt eine Holding GmbH zu gründen, die dann die GmbH gründet in welcher der eigentliche Geschäftsbetrieb liegt.

Der Vorteil: Die GmbH mit Ihrem Unternehmen kann veräußert werden und die Holding muss auch hier nur 5% des Gewinns aus der Veräußerung versteuern.

Auf den ersten Blick kann man sein Unternehmen damit nahezu steuerfrei verkaufen.

Aber auch hier muss man wieder bis zum Schluss rechnen:

Will man an das Geld aus der Holding heran, ist wieder Abgeltungssteuer zu zahlen.

Oder wenn man das Geld im Anschluss über ein Gehalt aus der Holding zieht, ist dieses Gehalt zu versteuern.

Wenn man länger als zehn Jahre Eigentümer einer oder mehrerer Mietimmobilien ist, geht es vielleicht auch eleganter.

Man könnte man dann steuerfrei diese Immobilien an die eigene GmbH verkaufen um das Geld dort abzuziehen.

Dann sind die Immobilien im Anschluss allerdings eben wieder in der GmbH mit den oben beschriebenen Folgen.

Eine Holding-GmbH kann sinnvoll sein, ist aber sicher nicht die Lösung für Jedermann. Auch hier muss man die Strukturkosten im Hinterkopf behalten.

Steuerlicher Ausblick

Es ist abzusehen, dass man – wenn man die steuerlichen Vorteile der GmbH in Anspruch nehmen möchte – dies in Zukunft auch ohne Kapitalgesellschaft tun kann.

Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteurrechts (KÖMoG) sollen ab 2022 auch Personenhandelsgesellschaften (OHG und KG) das Recht erhalten, sich wie eine GmbH steuerlich behandeln zu lassen.

Erstmal wird dies nicht für die Freiberufler-GbR oder den Einzelunternehmer möglich sein, aber warten wir ab, was die Zukunft bringt.

GmbH – Das Fazit

Die GmbH hat ohne Frage Ihre Berechtigung im Steuersystem.

In bestimmten Fallkonstellationen kann die GmbH zwingend notwendig oder sehr sinnvoll sein.

Unsere Mandanten – häufig (Zahn)Mediziner –  benötigen die GmbH jedoch meist nicht.

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Comments on this entry are closed.

  • D.R. Okt 29, 2021 @ 10:25

    Vielen Dank dafür, dass Sie es immer wieder so unterhaltsam auf den Punkt bringen!

    BG
    D.R.

    • Jens Hellmann Okt 29, 2021 @ 12:00

      Vielen lieben Dank für das nette Lob!

  • Jupp der Wal Nov 14, 2021 @ 11:25

    Sehr gut!