Praxisverkauf: Diese Steuer-„No-Gos“ sollten Sie vermeiden

Es ist nicht einfach, den richtigen Zeitpunkt zur Praxisabgabe zu finden. Klar ist nur, dass der Zeitpunkt X irgendwann kommen wird.

Und wenn es dann so weit ist, stellt sich die Frage: Soll ich von jetzt auf gleich komplett aufhören?

Das können sich viele Praxisinhaber nicht vorstellen, getreu dem Motto „niemals geht man so ganz“. Während manche nichts sehnlicher als den Ruhestand erwarten, fällt der Mehrheit das endgültige Aufhören doch eher schwer.

Glücklicherweise bieten sich Möglichkeiten, die ärztliche Tätigkeit nicht von „100 auf 0“ zurückzufahren. Sondern im kleinen Rahmen weiterhin ärztlich tätig zu sein und so etwas wie einen „Ruhestand light“ zu genießen.

Das Finanzamt begünstigt in den meisten Fällen die Praxisaufgabe beziehungsweise den Praxisverkauf. Wenn man sich diese Vorteile erhalten will, sind jedoch einige steuerliche Fallen zu beachten:

Mit welchen Steuervorteilen kann man beim Praxisverkauf rechnen?

Der Gewinn, der durch den Verkauf der Praxis entsteht, muss versteuert werden. Das Finanzamt gewährt Praxisabgebern allerdings steuerliche Begünstigungen.

Neben einem Freibetrag von maximal 45.000 EUR gibt es zusätzlich noch verschiedene Steuersatz-Ermäßigungen. Hier kommen die sog. „Fünftel-Regelung“ oder der meist noch günstigere „halbe Steuersatz“ in Betracht.

Wobei die Bezeichnung „halber Steuersatz“ etwas irreführend ist, da dieser in Wahrheit bei 56% des durchschnittlichen persönlichen Steuersatzes liegt.

Für den Freibetrag und den halben Steuersatz ist allerdings Voraussetzung, dass man das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauerhaft berufsunfähig ist. Diese Vergünstigungen greifen in jedem Fall für Ärzte, die ihre Tätigkeit endgültig einstellen.

Aber auch diejenigen, die ihrer ärztlichen Tätigkeit noch ein wenig nachgehen möchten, dürfen die steuerlichen Vorteile bei Praxisverkauf in Anspruch nehmen. An dieser Stelle sind jedoch ein paar Voraussetzungen zu beachten, damit es keine bösen Überraschungen gibt.

Veräußerung aller wesentlichen Grundlagen der Praxis

Zunächst sind alle wesentlichen Grundlagen der Praxis entweder zu veräußern oder in das steuerliche Privatvermögen zu überführen. Hierunter fallen insbesondere der Patientenstamm, die Vertragsarztzulassung und (falls im Eigentum) die Praxisimmobilie.

Um sich die steuerlichen Begünstigungen dauerhaft zu sichern, müssen weitere Spielregeln eingehalten werden, insbesondere wenn man weiterhin beruflich tätig sein möchte:

Mitarbeit in der ehemals eigenen Praxis

Unproblematisch ist, wenn man seine Praxis verkauft und anschließend in ein Angestelltenverhältnis beim Praxiserwerber eintritt. Ähnlich verhält es sich, wenn man nach dem Verkauf mit dem Praxiserwerber einen Vertrag schließt und eine bezahlte Beraterfunktion für den Nachfolger in einnimmt.

In beiden Fällen ist offensichtlich, dass die Praxis als Ganzes auf den Erwerber übergegangen und der ehemalige Praxisinhaber ausschließlich auf Weisung des Nachfolgers tätig ist. Dies ist entscheidend, um nicht rückwirkend die steuerlichen Vergünstigungen zu verlieren.

Auch andere selbständige Tätigkeiten sind erlaubt

Ebenfalls „unschädlich“ für eine steuerbegünstigte Praxisveräußerung oder -aufgabe ist die Aufnahme einer anderen selbständigen Tätigkeit nach dem Praxisverkauf.

Viele Ärzte bleiben der Medizin weiterhin treu, auch wenn sie nicht mehr selber praktizieren. Beliebt sind hier Vortrags- oder Gutachtertätigkeiten oder auch das Schreiben von Aufsätzen in Fachzeitschriften.

Diese Tätigkeiten können steuerunschädlich ausgeübt werden, da sie mit der ehemaligen Praxis nicht in Zusammenhang stehen.

Gefahr bei neuer selbständiger Tätigkeit als niedergelassener Arzt

Gut aufpassen sollte man, wenn man nach der Veräußerung eine neue Praxis gründen möchte. Auch das ist nicht ganz ausgeschlossen, jedoch gibt es auch hier gewisse Spielregeln.

Nach Ansicht von Rechtsprechung und Finanzverwaltung muss die freiberufliche Tätigkeit im bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit eingestellt werden.

Einstellung der ärztlichen Tätigkeit für eine „gewisse“ Zeit

Wie lange ist nun „eine gewisse Zeit“? Diese Zeitspanne wurde bislang gesetzlich nicht näher definiert und ist – wie es in schönstem Rechtsprechungs-Deutsch heißt – „von den Umständen des Einzelfalls abhängig“.

Das oberste deutsche Steuergericht, der Bundesfinanzhof, stellte mit Beschluss vom 27.10.2000 (Az.: XI B 25/00) klar, dass er gar nicht an einer eindeutigen Definition des Begriffs „gewisse Zeit“ interessiert ist.

Daher kann man sich tatsächlich nur an Einzelfällen orientieren. Der Bundesfinanzhof hatte am 10.06.1999 (Az.: IV R 11/99) über den Fall eines Rechtsanwalts zu entscheiden, der fünf Monate nach Kanzleiveräußerung in der gleichen Stadt seine Tätigkeit wieder aufnahm. Diese Wartezeit war für das Gericht in diesem Fall nicht ausreichend.

In einem anderen Fall wurde auch eine Zeitspanne von einem Jahr als nicht lang genug erachtet (Urteil vom 07.11.2006, Az.: XI B 177/05). In diesem Fall ging es um einen Steuerberater, der ein Jahr nach Verkauf seiner Beraterkanzlei dieselbe Tätigkeit wieder aufnahm.

Aktuell ist beim Bundesfinanzhof ein Verfahren anhängig (Az. VIII R 2/15), bei dem eine Zeitspanne von 22 Monaten zwischen Verkauf der alten Kanzlei und Eröffnung einer neuen Kanzlei vom Finanzgericht Köln als nicht ausreichend angesehen wurde. Auch in diesem Fall ist die Klägerin eine Steuerberaterin.

Die Rechtsanwalts- und Steuerberater-Fälle dürften auch auf Ärzte übertragbar sein, da die Rechtsprechung hier allgemein von „Freiberuflerpraxen“ spricht.

Welcher Zeitraum ist denn nun endgültig sicher? Man weiß es nicht. Überwiegend wird aber von Steuerberatern davon ausgegangen, dass man seine Tätigkeit nach drei Jahren wieder aufnehmen kann, ohne rückwirkend seine Steuervorteile zu verlieren.

Einstellung der Tätigkeit im „örtlichen Wirkungskreis“

Wenn man mit der Fortsetzung seiner ärztlichen Tätigkeit also nicht drei Jahre warten möchte, bleibt nur die Praxiseröffnung außerhalb des bisherigen „örtlichen Wirkungskreises“.

Auch hier ist nicht eindeutig entschieden wo dieser „örtliche Wirkungskreis“ endet. Somit sind wieder Einzelfälle zu berücksichtigen. Der Wirkungskreis bestimmt sich stark nach dem Einzugsgebiet der Praxis.

Als Beispiel für einen solchen „Einzelfall“ sei der Fall eines Zahnarztes genannt. Mit Urteil vom 06.03.1985 entschied das FG Düsseldorf (Az.: EFG 85, 449) hier, dass die Neueröffnung einer Zahnarztpraxis in einer Entfernung von 25 Kilometern von der veräußerten Praxis ausreichend sei.

Gefährlich ist die Weiterbehandlung von Patienten auf eigenen Namen

Unschädlich kann die Weiterbehandlung von „Altpatienten“ in geringem Umfang auf eigene Rechnung sein, wenn die darauf entfallenden Umsätze in den letzten drei Jahren weniger als 10 Prozent der gesamten Einnahmen ausmachten.

Zur Berechnung dieser 10 Prozent-Grenze kommt es ausschließlich auf den Veräußerungszeitpunkt an. Falls also der mit diesen „zurückbehaltenen“ Patienten erzielte Umsatz in den Folgejahren ansteigt, ist dies unbedenklich.

Von der Behandlung von Altpatienten auf eigene Rechnung ist aber dennoch dringend abzuraten. Denn die Hinzugewinnung eines einzigen(!) neuen Patienten in der „gewissen“ Zeit führt rückwirkend zu einem Verlust der Steuervorteile auf den Veräußerungsgewinn.

Verkauf der neuen Praxis

Doch selbst wenn man seine Praxis steuerbegünstigt verkauft und eine neue steuerunschädlich eröffnet hat, gibt es weitere Aspekte zu bedenken.

Denn irgendwann muss ja auch die neue Praxis wieder verkauft oder aufgegeben werden. Den Freibetrag von maximal 45.000 EUR und auch den halben Steuersatz gewährt einem das Finanzamt jedoch nur einmal im Leben. Also verlangt dies dem Arzt weitere Überlegungen ab.

Halben Steuersatz und Freibetrag trennen?

Wären die Steuervergünstigungen vielleicht besser für die jüngere Praxis eingesetzt worden? Eventuell macht es auch Sinn, die beiden Vergünstigungen (Freibetrag, halber Steuersatz) zu trennen und je eine Vergünstigung für eine Praxisveräußerung zu nutzen. Denn es müssen nicht beide Vergünstigungen auf einmal beantragt werden.

Je höher der Veräußerungsgewinn, desto niedriger der Freibetrag

Hierbei ist zusätzlich zu bedenken, dass der Freibetrag abschmilzt, je höher der Veräußerungsgewinn ist. Bis zu einem Gewinn von 136.000 Euro können die gesamten 45.000 Euro abgezogen werden. Ab 136.001 Euro vermindert sich der Freibetrag entsprechend je 1 Euro „Mehr“-Gewinn.

Während bei einem Gewinn von 150.000 Euro noch ein Freibetrag von 31.000 Euro verbliebe, würde der Freibetrag ab einem Gewinn von 181.000 Euro keine steuerlichen Vorteile mit sich bringen.

Der Freibetrag kann nicht aufgeteilt werden. Daher könnte es Sinn ergeben, bei der ersten Praxisveräußerung (z.B. Veräußerungsgewinn 175.000 Euro) auf den Freibetrag zu verzichten und nur den halben Steuersatz zu beanspruchen. Dann könnte man sich den Freibetrag lieber für die zweite Praxisveräußerung (z.B. Gewinn 125.000 Euro) „aufsparen“.

Praxisverkauf – Das Fazit

Der Verkauf oder die Einstellung Ihrer Praxis muss nicht das endgültige Ende Ihrer medizinischen beruflichen Tätigkeit sein. Unter Einhaltung gewisser Voraussetzungen können Sie sich auch danach weiterhin ärztlich betätigen.

In jedem Fall sollten Sie diese Schritte mit Ihrem Steuerberater gemeinsam planen. Dann lässt Sie sogar das Finanzamt verhältnismäßig sanft in den wohlverdienten Ruhestand gehen, wie auch immer Sie diesen genießen möchten.

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